Zur Startseite
Buch - Wilfried Skreiner

Wilfried Skreiner
Der Zeichner Robert Keil
Der künstlerische Dialog mit der Vergangenheit
.

...Es sind immer das strahlende Licht und der körperhaft raumschaffende Schatten, die seine Blätter erfüllen....So sind seine Blätter durchwegs von einer erhellenden Frische, erfüllt von der Spontanität des Blicks und von der unmittelbaren begegnenden Anschauung. Die Bildwelt von Robert Keil steht im engen Zusammenhang mit seiner Geistigkeit.....In einzelnen Werken tritt seine symbolisch beladene Darstellungsweise vergegenständlicht hervor. Der "HIRSCHKOPF", eine Kaltnadelradierung aus dem Jahre 1963 (Abb.2) ist dafür ein bezeichnendes Beispiel....Keil verhüllt seine Darstellungen durch den Transfer ins Animalische, und daß muß uns bei Betrachtung seines Werkes zu denken geben. Keil öffnet nicht alle Türen, er vermeidet das Plakative der Direktheit, er spricht mittelbar, verhüllend zu uns, die wir uns den Zugang zu seinen Bildaussagen erst erschauen müssen.
Aus seiner Grundeinstellung heraus schafft Keil seine Werke einmal in der Auseinandersetzung mit der Moderne, das heißt für ihn, mit der Abstraktion, und zum anderen sucht er sich seine "Gesprächspartner" in der Vergangenheit. Sein universell christliches Weltbild findet vor allem in der barocken Kunstwelt das Feld einer geistigen Aneignung und Auseinandersetzung.....Keil analysiert mit einem emsig spontanen Strich seine Motive, die er umschreibt, in ihren Formen präzise erfaßt und zugleich in eine entkörperlichende Hell-Dunkel-Gestaltung transponiert und die räumlichen Qualitäten in seinen Zeichnungen verdeutlicht......Das Blatt "SACRE COEUR-PARIS 1962" (Abb.7). Es wäre nicht richtig, dieses Blatt als Skizze zu bezeichnen, denn es stellt keine versuchte Annäherung an die zu erfassende Form dar, sondern ist das Ergebnis des reduzierenden, analysierenden Blicks......In der dunkel-drückenden Atmosphäre von "Essen-Werden" aus dem Jahr 1960 (Abb.11) beweist sich, daß Keil auch das Charakteristische der Atmosphäre, die unterschiedlichen Lichtsituationen in seinen Graphiken verwirklichen konnte....Gegen Ende der sechziger Jahre geht Keil zu Federzeichnungen über die er unterschiedlich stark laviert....(Abb.22) - "Seitenansicht des Inneren von St.Stephan"
1964...Die Formen werden bewegt, fast flackernd beschrieben und lösen so die strenge Tektonik zu virtueller Farbigkeit auf.....Keil gestaltet seine Blätter im direkten Dialog mit dem Motiv.....Die Barockskulpturen verwandeln sich durch seine Zeichentechnik zu belebten Formzusammenhänge.....Und so gestaltet er, trotz der Transparenz der Darstellungsweise, den "Barocken Nebenaltar von St.Stephan" von 1977 (Abb.28) mit dem spontan festhaltenden Zeichengestus und der malerischen Überhöhung des Blattes durch die schattend eingesetzte Lavierung. Das Malerische verstärkt sich, die zarten Linien, die die alternde Hand suchend und konzentrierend auf das Papier setzt, erweisen die Sensibilität in der Erfassung der Formen der Vergangenheit....In den siebziger Jahren verändert sich sein Zeichenstil stark. Mit der Feder und der Tusche entstehen Blätter mit feinem Lineament, die er mehr oder weniger stark mit Tusche laviert....Was er gestaltete, war sein Erleben und nicht eine zeichnerische Bestandsaufnahme... "DIE BEKEHRUNG", 1950 (Abb.37)...in den melodiös gestrichelten Konturen...Peterskirche in Wien 1976 (Abb.40)
Dieses Blatt ist ein Beispiel, wie intensiv sich Keil mit dem Vorbild auseinandergesetzt hat, wie sich aber in seinen Zeichnungen die künstlerische Freiheit mit der analytischen Identität des Vorbildes verbindet....
Die visuelle Sensibilität und die Sinnlichkeit seines Blickes halfen Keil, die mittelalterlichen und barocken Formen zu erkennen und neu zu beleben....
In den Vatikanischen Sammlungen begegnete Keil 1973 dem "TORSO VOM BELVEDERE" (Abb. 44) ....
Die sinnliche Substantialität verwandelt sich unter seinem Blick zu abstrahierter Vergeistigung.... "AKT" 1973 (Abb. 45) ...Ohne jede Korrektur gelingt es ihm, den sinnlichen Reiz des vollen, jugendlichen Körpers von den Konturlinien her aufzubauen - .... "PFERDEKOPF DES WAGENS DER SELENE" 1975 (Abb. 46) .... Durch dies Lavierung wird uns bewußt, wie sehr der Blick von Keil malerisch auf da Spiel von Licht und Schatten hin angelegt war und wie er es immer wieder verstand, dramatische, malerische Werte durch die Lavierungen zu erreichen....
Im Louvre in Paris zeichnete Keil 1976 immer wieder die großartige Gestalt der "NIKE VON SAMOTHRAKE" (Abb.47) ....
Keil kam es darauf an, den Moment des Herabschwebens, des unmittelbaren Aufsetzens auf den Schiffsrumpf darzustellen, entsprechend der antiken Vorstellung, des großartigen Vorbildes und der eigenen graphischen Umsetzung....
Bis in seine letzten Jahre hat Keil sich so mit der umgebenden Welt des Religiösen und Geistigen auseinandergesetzt. Sein Blick begegnete dem Formenspiel so unterschiedlicher Motive, und alle verstand er, in seine vergeistigte Formensprache einzubinden...
Robert Keil erweist sich im Überblick über sein reiches graphisches Schaffen, das hier nur in wenigen Beispielen gezeigt und besprochen werden konnte, als ein Künstler, der einen ganz eigenen Weg durch die Zeit ging, von der er sich wenig beeinflussen ließ...
Robert Keil, der Rheinländer, wurde durch seinen universalistischen Katholizismus, der ihn nach Wien zog, zu einem der bedeutenden religiösen Künstler Österreichs.